Sekundäre Darlegungslast des Frachtführers

Der Frachtführer kommt der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast bei einem Verlust des Transportgutes im Allgemeinen nicht nach, wenn er nur den Ort des Sendungsverlusts (hier: Flughafen New York) benennt, ohne Angaben zu den beteiligten Personen, zum Organisationsablauf des Transports, zu Schadensverhütungsmaßnahmen und zu etwaigen Nachforschungen zum Verbleib der Sendung zu machen.

BGH Urteil, vom 03.03.2011 – I ZR 50/10

INCOTERMS 2010

Die INCOTERMS(R)2010 regeln bestimmte Pflichten und Rechte von Käufern und Verkäufern. Sie finden also keine Anwendung in den Vertragsverhältnissen mit Dritten, z. B. dem Spediteur oder Frachtführer. Im Wesentlichen wird darin Ort und Zeitpunkt des Risiko- und Kostenübergangs vom Käufer auf den Verkäufer geregelt. Daneben enthalten sie noch bestimmte Sorgfaltspflichten (z. B. Transportversicherungspflicht, Liefernachweis, Mitteilungspflichten, Verpackungspflichten, Verzollungspflichten etc.).

In der folgenden Tabelle sehen Sie die 11 Klauseln der INCOTERMS(R) 2010 bezogen auf alle Transportarten und für den See- und Binnenschiffs-Transport.

INCOTERMS – Klauseln

Verpflichtung des Absenders zur Verladung des Transportgutes

§ 412 Absatz 1 Satz 1 HGB

Kein Übergang der Verpflichtung des Absenders zur Verladung des Transportgutes gemäß § 412 Absatz 1 Satz 1 HGB auf den Frachtführer durch Einsatz eines Transportfahrzeuges mit besonderen technischen Beladevorrichtungen. Dieser Umstand allein genügt nicht.

Der Frachtführer kann aber dann zur beförderungssicheren Verladung des Gutes verpflichtet sein, wenn er im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen die Verladetätigkeit übernommen hatte, so dass der Absender nach Treu und Glauben annehmen durfte, der Frachtführer werde auch weiterhin so verfahren.

BHG, Urteil vom 06.12.2007 – I ZR 174/04

Der Frachtführer war vom Absender mit dem Transport von Computerhardware von ihrem Sitz von L nach H beauftragt worden. Der Frachtführer hatte zum Transport ein Transportfahrzeug mit einer Ladevorrichtung eingesetzt, die besonders geeignet war, die Computerhardware zu verladen. Beim Verladen des Gutes stürzte ein Festplattenturm von der Hebebühne des Transportfahrzeuges auf die Straße und wurde beschädigt.

Der BGH bestätigt in seiner Entscheidung zwar die Auffassung der Vorinstanzen, dass allein aufgrund eines Einsatzes eines Fahrzeuges mit einer besonderen Hebevorrichtung noch nicht automatisch daraus geschlossen werden könnte, dass sich der Frachtführer damit zur transportsicheren Verladung der Fracht verpflichtet habe.

Den Frachtführer treffe eine Beladungspflicht nur dann, wenn dies zwischen den Parteien des Beförderungsvertrages ausdrücklich oder konkludent (durch schlüssiges Verhalten) vereinbart sei oder sich aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergebe. Allein der Umstand, dass das Transportfahrzeug mit einer Hebebühne ausgerüstet gewesen sei, reiche allerdings hierfür nicht aus. An dieser Beurteilung ändere sich auch dann nichts, wenn der Fahrer der Frachtführerin die Hebebühne bedient habe. Eine solche Tätigkeit stelle lediglich eine bloße Gefälligkeit dar.

Der BGH hat dann die Entscheidung des Berufungsgerichtes trotzdem aufgehoben und zur neuen Verhandlung an die Vorinstanz zurück überwiesen, da im konkreten Fall nicht auszuschließen war, dass ausdrücklich oder zumindest schlüssig eine Abrede über eine andere Verteilung der Ladepflichten zwischen den Parteien bestanden haben könnte.

Der BGH hebt sein Urteil auch hervor, dass von dem Grundsatz nach § 412 Absatz 1 Satz 1 HGB, wonach die transportsichere Verladung dem Absender obliege, eine dispositive Norm gegeben sei, von der durch ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung abgewichen werden kann.

Der BGH macht noch einmal klar, dass der Frachtführer abweichend von § 412 Absatz 1 Satz 1 HGB zur beförderungssicheren Verladung des Gutes verpflichtet sein kann, wenn er im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen die Verladetätigkeit übernommen hatte, so dass der Absender nach Treu und Glauben annehmen dürfte, der Frachtführer werde auch weiterhin so verfahren. Auch könnten sich im konkreten Einzelfall aus den besonderen Umständen ein Übergang der Verpflichtung zur transportsicheren Verladung Absender auf dem Frachtführer ergeben. Zu den „Umständen“ im Sinne des § 412 Absatz 1 Satz 1 HGB zählen nach Auffassung des BGH daher in erster Linie solche Gegebenheiten, die bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorgelegen haben. Es komme also im Einzelfall entscheidend darauf an, ob nach der Vorstellung der Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses besondere technische Verladevorrichtungen zum Einsatz kommen sollten.

Will der Absender seine Verpflichtung zur transportsicheren Verladung auf den Frachtführer übertragen und damit sein Haftungsrisiko vermindern, sollte er bei einmaliger oder nur vereinzelter Beauftragung eines Frachtführers, der Transportfahrzeuge mit besonderer Ladevorrichtung einsetzt, darauf achten, dass er die Übertragung dieser Pflicht konkret und eindeutig durch vertragliche Vereinbarung überträgt. Doch auch bei längerer Zusammenarbeit, in der diese Verladungsart entsprechend praktiziert wird, empfiehlt sich zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit eine Klarstellung.

Umgekehrt muss der Frachtführer, der ein Transportfahrzeug mit einer besonderen Ladevorrichtung einsetzt, damit rechnen, dass er entgegen den Grundsatz der Verladungspflicht nach § 412 Absatz 1 Satz 1 HGB in die Haftung kommt, auch wenn es sich um einen einmaligen Auftrag handelt, aus den besonderen Umständen aber erkennbar wird, dass nach den Vorstellungen der Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses besondere technische Ladevorrichtungen zum Einsatz kommen sollten.