Keine Nutzung von Kredit- und Tankkarten des Arbeitgebers für private Zwecke

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 15.03.2011 – 2 Sa 526/10

 

Vom Arbeitgeber ausgehändigte Tankkarten und Kredit- oder Kontokarten dürfen regelmäßig nur für dienstliche Zwecke benutzt werden. Eine behauptete Erlaubnis zur Verwendung für private Zwecke muss der Arbeitnehmer beweisen (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 15.03.2011 – 2 Sa 526/10).

Der Kläger hatte im Rahmen seiner Tätigkeit als Disponent von seiner Arbeitgeberin eine Vollmacht für das Firmenkonto nebst Kreditkarte und eine Tankkarte erhalten. Über das Konto des Arbeitgebers kaufte er unter anderem bei Famila ein, erwarb ein privates Flugticket und bestellte Kinderkleider und Haushaltsgegenstände bei einem Versand. Mit der Tankkarte betankte er Fahrzeuge mit fünf verschiedenen Kraftstoffarten im Wert von mehr als 2.000,00 Euro. Als die Arbeitgeberin diese Ausgaben bemerkte, stellte sie alle Lohnzahlungen ein. Das Arbeitsverhältnis wurde später beendet und die restliche Vergütung in voller Höhe mit Schadensersatzansprüchen verrechnet. Der Kläger hat behauptet, die Arbeitgeberkonten hätten ihm ohne Beschränkung zur freien Verfügung gestanden. Die Arbeitgeberin müsse das Gegenteil beweisen und dürfe nicht mit seinem restlichen Lohn aufrechnen. ´

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Zahlungsklage abgewiesen. Pfändungsfreigrenzen seien hier wegen der vorsätzlichen Handlungen nicht zu beachten. Grundsätzlich dienten einem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellte Bank- und Tankkarten des Arbeitgebers nur zur Bestreitung von Ausgaben für dienstliche Zwecke, auch wenn das nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde. Wer die Karten darüber hinaus auch für private Zwecke nutze, müsse darlegen und beweisen, dass er hierzu befugt gewesen sei.

Vergütung eines Bauarbeiters bei Auslandseinsatz

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. April 2011 – 5 AZR 171/10 –

 

Entsendet ein Unternehmen des Bauhauptgewerbes einen Bauarbeiter vorübergehend zum Arbeitseinsatz ins Ausland, und treffen die Parteien für diesen Einsatz keine Vergütungsregelung, schuldet der Arbeitgeber nach § 612 BGB die übliche Vergütung. Diese richtet sich nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe (TV Mindestlohn), sofern im vergleichbaren Wirtschaftskreis tatsächlich keine höhere Vergütung für Auslandseinsätze gewährt wird. Ob in diesen Fällen der Mindestlohn West oder der Mindestlohn Ost zu zahlen ist, bestimmt sich nach dem Einstellungsort.

Der Kläger war beim beklagten Inhaber eines Bauunternehmens mit Sitz in Mecklenburg-Vorpommern als Maurer beschäftigt und arbeitete überwiegend auf Baustellen in Dänemark. Dafür verlangte er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Berufung auf § 612 BGB den nach seinem Vorbringen in Dänemark für einen dort eingestellten Maurer üblichen Lohn.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe des Mindestlohns West stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger lediglich den Mindestlohn Ost zugesprochen. Das Bundesarbeitsgericht hat sich der Auffassung des Landesarbeitsgerichts angeschlossen. Der Kläger kann mangels einer anderweitigen Vergütungsvereinbarung für seinen Auslandseinsatz in Dänemark (nur) den Mindestlohn Ost verlangen.

Entschädigung für ständige Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat einen Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung von 7.000,00 Euro verurteilt, weil er eine Mitarbeiterin mindestens seit Juni 2008 an ihrem Arbeitsplatz permanent mit einer Videokamera überwachte.

Eine kaufmännische Angestellte arbeitete in einer hessischen Niederlassung eines bundesweit aktiven Unternehmens. Gegenüber der Eingangstür des Büros hatte der Arbeitgeber eine Videokamera angebracht, die nicht nur auf den Eingangsbereich, sondern im Vordergrund auch auf den Arbeitsplatz der Klägerin gerichtet war. Mit der im Oktober 2008 eingegangenen Klage machte die Mitarbeiterin Schadensersatzansprüchen wegen Persönlichkeitsverletzung geltend. Das Arbeitsgericht verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung von
15.000,- €.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hatte nur zum Teil Erfolg. Weder das Arbeitsgericht noch das Landesarbeitsgericht ließen die Einwendungen des Arbeitgebers gelten. Der Arbeitgeber hatte sich im Prozess damit verteidigt, dass die Kamera nicht ständig in Funktion gewesen und nur zur Sicherheit der Mitarbeiter angebracht worden sei, weil es in der Vergangenheit schon zu Übergriffen auf Mitarbeiter gekommen sei. Dennoch, so argumentierte das Hessische  Landesarbeitsgericht, sei der Eingriff in das allgemeine Persönlich-keitsrecht der Mitarbeiterin unverhältnismäßig. Eine Ausrichtung der Kamera nur auf den  Eingangsbereich des Büros wäre möglich gewesen. Es sei auch unerheblich, dass die Kamera nicht ständig in Funktion war. Allein die Unsicherheit darüber, ob die Kamera tatsächlich aufzeichne oder nicht, habe die Mitarbeiterin einem ständigen Anpassungund Überwachungsdruck ausgesetzt, den sie nicht hinnehmen musste, nachdem sie sich bereits früh gegen die Installation der Videokamera gewandt hatte. Es handele es um eine schwerwiegende und hartnäckige Verletzung des informationellen Selbst-bestimmungsrechts, die nach Abwägung aller Umstände die Verurteilung zu einer Entschädigung von 7.000 € rechtfertige. Die Zubilligung einer Geldent-schädigung im Falle einer solchen schweren Persönlichkeitsrechts-verletzung beruhe auf dem Gedanken, dass ohne einen Entschädigungs-anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei der Entschädigung stehe regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund.

Hess. LAG, Urteil vom 25. Oktober 2010 – 7 Sa 1586/09 –
Vorinstanz: Arbeitsgericht Wetzlar vom 1. September 2009 – 3 Ca 211/08 –

Entzug der privaten Nutzung eines Dienstwagens

Wegen des vertragswidrigen Entzugs der privaten Nutzung eines Dienstfahrzeuges hat der Dienstberechtigte gemäß § 283 Satz 1, § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB Schadensersatz statt der Leistung zu leisten.

 

BAG 19.05.2010 – 5 AZR 253/09

 

Das Bundesarbeitsgericht hat in der zitierten Entscheidung dem Kläger einen Schadenersatz wegen rechtwidrigen Entzugs der privaten Nutzung des Dienstwagens zugesprochen. Der Kläger, ein promovierter Chemiker, war auf der Grundlage seines Einstellungsvertrages als Fremdgeschäftsführer der Beklagten beschäftigt. Neben der Zahlung seines Jahresgehalts war die Beklagte Arbeitgeberin verpflichtet, dem Kläger einen Dienstwagen der gehobenen Mittelklasse auch zur privaten Nutzung zur Verfügung zu stellen. Steuerlich wurde der damit verbundene geldwerte Vorteil mit 598,00 Euro Brutto monatlich bewertet.

Die Beklagte kündigte das Dienstverhältnis außerordentlich. Im Zuge des arbeitsrechtlichen Verfahrens wurde dann festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers nicht durch die außerordentliche Kündigung zum April 2005 aufgelöst wurde, sondern bis zum 31. Mai 2007 fortbestand. Die Beklagte hatte den Kläger mit Anspruch der außerordentlichen Kündigung freigestellt und ihm auch das Dienstfahrzeug entzogen.

Das BAG hat in der zitierten Entscheidung festgestellt, dass der Kläger für die betreffenden Monate wegen des Entzugs der privaten Nutzung des Dienstfahrzeugs Schadenersatz statt der Leistung gemäß § 283 Satz 1, § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB in Höhe von 598,00 Euro brutto monatlich verlangen könne. Die Beklagte war aufgrund des Geschäftsführer – Anstellungsvertrages verpflichtet, dem Kläger einen Dienstwagen mit privater Nutzungsberechtigung zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung hatte Entgeltcharakter (vgl. BAG 19.Dezember 2006 – 9 AZR 294/06 – Rn. 15, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; 5. September 2002 – 8 AZR 702/01- zu II 3 der Gründe, AP BGB § 280 nF Nr. 1 = EzA BGB § 615 Nr. 109; 2. Dezember 1999 – 8 AZR 849/98 – zu II 1 a der Gründe; 27. Mai 1999 – 8 AZR 415/98 – zu I der Gründe, BAGE 91, 379). Die Leistung wurde infolge des vertragswidrigen Entzugs des Dienstwagens wegen Zeitablauf unmöglich, § 275 Abs. 1 BGB. Deshalb steht dem Kläger nach § 283 BGB Schadenersatz statt der Leistung zu. Die Höhe des Schadensersatzanspruchs bemisst sich nach der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich 1 % des Listenpreises des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung (vgl. BAG 27. Mai 1999 – 8 AZR 415/98 – zu III 2 der Gründe, BAGE 91, 379; 2.Dezember 1999 – 8 AZR 849/98 – zu II 3 der Gründe; 19. Dezember 2006 – 9 AZR 294/06 – Rn. 43, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17).

Arbeitgeberhaftung bei Lohnsteuerhinterziehung

Wird die Lohnsteueranmeldung vorsätzlich fehlerhaft und dem Arbeitgeber zurechenbar abgegeben, so muss er hierfür geradestehen. Auch eine Anzeige an das Finanzamt lässt die Haftung nicht entfallen, wenn keine Berechtigung zur Korrektur des Lohnsteuereinbehalts besteht. Dies bestätigt der Bundesfinanzhof (BFH) in einer aktuellen Entscheidung.

Der Arbeitgeber haftet für die Lohnsteuer, die aufgrund fehlender Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird (§ 42d Abs. 1 Nr. 3 EStG).

In einem aktuellen Urteilsfall war für die Lohnbuchhaltung des Unternehmens die Personalleiterin zuständig. Sie manipulierte ihre eigenen Gehaltsabrechnungen. Dadurch führte die Firma zu wenig Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag sowie Kirchenlohnsteuer an das Finanzamt ab. Während einer Lohnsteuer-Außenprüfung zeigte das Unternehmen dem Finanzamt an, dass die Personalleiterin nicht mehr Mitarbeiterin des Unternehmens ist und teilte mit, dass in den Streitjahren zu wenig Lohnsteuer einbehalten worden ist.

BFH: Unternehmen muss trotzdem haften

Das Finanzamt nahm das Unternehmen als Haftungsschuldnerin für die Lohnsteuerabzugsbeträge in Anspruch. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Arbeitgeberhaftung nun bestätigt. Zwar haftet der Arbeitgeber nicht, wenn er dem Finanzamt gegenüber von seinem Recht zur Änderung des Lohnsteuereinbehalts keinen Gebrauch macht oder hiervon keinen Gebrauch machen kann und dies dem Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich anzeigt (§ 42d Abs. 2 i. V. m. 41c Abs. 4. EStG). Eine haftungsbefreiende Anzeige setzt jedoch nach dem Urteil stets eine Berechtigung zur Korrektur des Lohnsteuereinbehalts voraus. Diese war vorliegend nicht gegeben.

Begründung des Bundesfinanzhofs

Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum die Haftung des Arbeitgebers allein deshalb entfallen soll, weil er die Finanzbehörde über den Haftungstatbestand informiert

(BFH, Urteil v. 21.4.2010, VI R 29/08).

Sanktionen bei Verstoß gegen Nebentätigkeitsverbot

Praxishinweis:

Um eine Nebentätigkeitsgenehmigung und durchsetzen zu können muss der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Ausübung der gewünschten Nebentätigkeit haben.

Ein Anspruch auf Ausübung einer Nebentätigkeit besteht für den Arbeitnehmer insbesondere nur dann, wenn eine Beeinträchtigung betrieblicher Interessen durch die Nebentätigkeit nicht wahrscheinlich ist.

Der Arbeitnehmer muss also jede Nebentätigkeit unterlassen, die zu einer Vernachlässigung seiner Arbeitspflicht im Hauptarbeitsverhältnis führen würde oder die dem Wettbewerbsinteresse des Arbeitgebers entgegen steht.

Welche Sanktionen drohen bei Verstoß gegen das Nebentätigkeitsverbot?

Zu unterscheiden ist hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Folgen zwischen

  • einem bloßen formalen Verstoß etwa gegen den Zustimmungsvorbehalt des Arbeitgebers
  • und einer erheblichen Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten durch Ausübung der Nebentätigkeit.

Konsequenzen und Rechtslage bei lediglich formalem Verstoß

Informiert der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber trotz Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts nicht über die geplante Aufnahme einer Nebentätigkeit, kommt hier zunächst nur der Ausspruch einer Abmahnung in Betracht. Ein relevanter formaler Verstoß liegt auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Nebentätigkeit hat.

Im Wiederholungsfall kommt je nach den Umständen auch der Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung in Betracht. Hier kann der Arbeitnehmer aber schon auf die sichere Seite wechseln, wenn er künftig auf die Einhaltung der Zustimmung achtet.

Rechtslage bei erheblicher Pflichtverletzung

Verletzt der Arbeitnehmer durch die Ausübung der Nebentätigkeiten erheblich seine arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber seinem Hauptarbeitgeber, kommt von dessen Seite auch grundsätzlich zunächst der Ausspruch einer Abmahnung und im Wiederholungsfall eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht. Hier sind die Konsequenzen aber u.U. noch massiver.

Besonderheiten gelten dabei etwa, wenn ein Arbeitnehmer während der Dauer einer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit Nebentätigkeiten ausübt, und zwar insbesondere dann, wenn

  • die Nebentätigkeit den Heilungsprozess verzögert hat,
  • der Arbeitnehmer stattdessen seine Leistungspflichten aus dem Hauptarbeitsverhältnis hätte erfüllen können oder
  • die Nebentätigkeit dem Wettbewerbsinteresse des Arbeitgebers entgegen steht.

Außerordentliche Kündigung

Ausnahmsweise kann in den vorgenannten Fällen gar eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein, wenn etwa der Heilungsprozess eindeutig verzögert wird oder der Arbeitnehmer das Eigentum des Arbeitgebers für seine Nebentätigkeit missbraucht hat.

Inhalt einer Abmahnung

Wesen der Abmahnung ist es, das dem Arbeitnehmer in deutlicher Form auf Leistungs- oder Verhaltensmängel hinzuweisen und zu verdeutlichen, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Doch was gehört in die Abmahnung hinein, damit sie im Ernstfall auch greift?

Eine Abmahnung muss grundsätzlich folgende vier Bestandteile aufweisen:

  • Konkrete Benennung des beanstandeten Verhaltens,

(Beispiel: „Am Montag, 23. Februar 2009, haben Sie Ihre Arbeit erst um 8.45 Uhr und damit 75 Minuten verspätet aufgenommen.“)

  • Rüge dieser Pflichtverletzung,

(Beispiel: „Damit haben Sie gegen § 6 Ihres Arbeitsvertrages verstoßen.“)

  • eindringliche Aufforderung zur künftigem vertragstreuem Verhalten,

(Beispiel: „Wir erwarten, dass Sie Ihre Arbeitszeiten künftig einhalten und Ihre Arbeit pünktlich aufnehmen.“)

  • Androhung eindeutiger arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall.

(Beispiel: „Für den Wiederholungsfall behalten wir uns arbeitsrechtliche Schritte vor, die bis hin zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen können.“)

Wichtig: Die Warnfunktion einer Abmahnung kann erheblich dadurch entwertet werden, dass der Arbeitgeber bei weiteren neuen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers wiederholt Abmahnungen ausspricht und dabei jeweils nur mit einer Kündigung droht, ohne die Kündigung im Wiederholungsfall tatsächlich auszusprechen.